Wetter als Unfallursache

Der tatsächliche Einfluss des Wetters auf das Unfallgeschehen lässt sich nur schwer abschätzen, da sich hier zahlreiche, sich überlagernde Faktoren gegenseitig beeinflussen. Einige Anhaltspunkte liefert die Verkehrsunfallstatistik des Statistischen Bundesamtes. Demnach waren 2015 circa acht Prozent der Ursachen von Verkehrsunfällen mit Personenschaden auf so genannte „allgemeine Ursachen“ wie unmittelbare Witterungseinflüsse oder Fahrbahnglätte zurückzuführen (vgl. dazu „Das sagt die Unfallstatistik“). Man kann jedoch davon ausgehen, dass der Einfluss des Wetters auf das Unfallgeschehen erheblich umfangreicher ist, als es in der Unfallstatistik ausgewiesen wird.

In der Fachwelt unterscheidet man zwischen direkten (trivialen) und biotropen Auswirkungen der Witterung auf das Unfallgeschehen. Zu den trivialen Einflüssen des Wetters gehören Sichtbehinderungen durch Regen, Nebel, Schnee oder Blendung durch die Sonne.

Dadurch werden Fahrzeuge oder Personen übersehen oder der Fahrbahnverlauf kann nicht rechtzeitig genug erkannt werden. Weiterhin ist hier Seitenwind zu nennen, der dazu führen kann, dass Fahrzeuge aus der Fahrspur (oder aus dem Fahrstreifen) geraten, möglicherweise mit anderen zusammenstoßen oder - je nach Reaktion der Fahrerin/des Fahrers - ausbrechen oder gar umkippen können. Auch Fahrbahnglätte durch Nässe, Schnee oder Eis. Glätte beeinträchtigt die Fahrstabilität, insbesondere bei Kurvenfahrten, und verlängert die Bremswege, sodass das Fahrzeug von der Fahrbahn abkommen oder nicht mehr rechtzeitig abgebremst werden kann. Fahrerassistenzsysteme wie ESP und ABS können bei diesen Bedingungen den Fahrer oder die Fahrerin unterstützen. Die Gesetze der Fahrphysik lassen sich jedoch nicht aushebeln: Wo kein „Grip“ mehr vorhanden ist, kann auch das beste technische System nichts regeln.

Unter biotropen Einflüssen des Wetters versteht man den Einfluss des Wetters auf den Organismus des Menschen, insbesondere auf seine physische und psychische Leistungsfähigkeit.

Risikofaktor: Hitze Bei hohen Außentemperaturen erhöht sich die Herzfrequenz, die Tätigkeit der Verdauungsorgane wird reduziert, die Hautdurchblutung wird verstärkt und die Schweißproduktion steigt an. Der so genannte Wärmestress beeinträchtigt jedoch nicht nur das Wohlbefinden der meisten Menschen, sondern auch ihre Leistungsfähigkeit. Dabei muss bedacht werden, dass es sich beim Autofahren um eine sehr komplexe Tätigkeit handelt, bei der Wahrnehmungsleistungen und motorische Handlungen aufeinander abgestimmt vollzogen werden müssen. Es ist durch zahlreiche Studien belegt, dass Wachsamkeit, Aufmerksamkeit, Informationsaufnahme und Informationsverarbeitung nachlassen, wenn die Temperatur im Fahrzeug über das als angenehm empfundene Maß hinaus ansteigt. Reaktionszeiten verlängern sich, Fitness und Ausdauer nehmen ab, man ermüdet schneller. Fahrfehler hingegen nehmen zu: Dies betrifft zum Beispiel das Einhalten des Fahrstreifens, aber auch das Übersehen und Überhören von Signalen sowie das richtige Reagieren in entsprechenden Situationen. Hohe Außentemperaturen können auch zu Ungeduld und Aggression führen, die sich im Straßenverkehr durch unvorsichtige oder riskante Verhaltensweisen bemerkbar machen.

Zu den Witterungsbedingungen, die die Leistungsfähigkeit des Menschen beeinträchtigen, gehört jedoch nicht nur die Temperatur: Auch der Luftdruck, die Luftfeuchtigkeit, die Intensität der UV-Strahlung sowie die Luftbewegungen haben Einfluss auf den Organismus des Menschen. Insbesondere bestimmte Wetterlagen, wie das so genannte „Aufgleiten subtropischer Luft“, bei der sich warme Luftmassen über kältere Luftschichten schieben und hohe Luftfeuchtigkeit herrscht, macht vielen Menschen zu schaffen. Auch die Schnelligkeit von Wetterveränderungen beeinflusst das Wohlbefinden der Menschen: Schnelle Wetterumschwünge machen Vielen zu schaffen. In den Alpenregionen leiden zahlreiche Menschen unter den dort häufig anzutreffenden Föhn-Wetterlagen. Hinzu kommen Einflüsse von Schadstoffen und Pollen (Allergiker) in der Luft.

In Umfragen bezeichnet sich etwa die Hälfte der Menschen als „wetterfühlig“. Dies sind diejenigen, denen der Zusammenhang zwischen dem Wetter und ihrem Wohlbefinden bewusst ist. Man kann jedoch davon ausgehen, dass alle Menschen in irgendeiner Weise durch die Witterung in ihrer Leistungsfähigkeit beeinflusst werden.

Das Unfalltrichter-Modell

Das Unfalltrichter-Modell

Wenn es im Straßenverkehr zu einer brenzligen Situation kommt, so hat dies zumeist eine Vorgeschichte, die man in mehrere Phasen unterteilen kann. Die ersten Weichen werden bereits vor der Fahrt gestellt: Wie fit man ist, wie viel Zeit man sich für die Strecke nimmt, welches Fahrzeug man wählt, wie dessen Zustand und Ausstattung ist und mit welcher Einstellung man an die Fahrt herangeht, ob man auf dem Zweirad die geeignete Schutzkleidung trägt – all das beeinflusst unser Risiko.

Auch wahrend der Fahrt (bzw. beim Gehen) treffen wir ständig Entscheidungen, die sich positiv oder negativ auf die Sicherheit auswirken: ob wir uns beispielsweise an Regeln halten oder auch nicht, ob wir mehr oder weniger aufmerksam sind oder uns vielleicht gleichzeitig mit dem Smart-Phone oder gedanklichen Problemen beschäftigen, welche Geschwindigkeit wir wählen und wie viel Abstand wir halten. Durch falsche Entscheidungen engen wir unseren Handlungsspielraum ein. Je weiter wir in den Trichter hineinkommen, desto enger wird es, bis es schließlich zu einer brenzligen Situation kommt.

Und dann geht es fast immer um Sekunden: Eventuell können wir durch schnelle Reaktion, durch richtiges Bremsen und Lenken die Situation noch einmal retten, vielleicht aber auch nicht. Entscheidend für die Sicherheit im Straßenverkehr - auch unter widrigen Witterungsbedingungen - ist es, möglichst nicht in diesen Trichter hineinzugeraten: durch richtige Entscheidungen oder vorausschauendes Handeln, die oft bereits im Vorfeld der Situation stattfinden. Dazu gehört die richtige Auswahl und Ausstattung des Fahrzeugs. Dazu gehört auch, abends den Wetterbericht zu hören, um am nächsten Morgen vielleicht entsprechend mehr Zeit für die Fahrt einzuplanen. In den Kapiteln „Sich auf das Wetter einstellen“ finden Sie zahlreiche Tipps, wie Sie sich bei Fahrten mit Auto und Motorrad, Transporter und Lkw, mit dem Rad und bei Wegen zu Fuß auf das Wetter vorbereiten und sich unterwegs richtig verhalten können. In diesem Sinne: Kommen Sie immer gut an!

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