Das sagt die Unfallstatistik

Einen ersten Aufschluss über wetterbedingte Verkehrsunfälle liefert die Unfallstatistik des Statistischen Bundesamtes. Diese Daten stützen sich auf die polizeiliche Unfallerhebung am Unfallort. Sie kann also nur solche Unfälle enthalten, bei deren Aufnahme die Polizei anwesend war. Am Unfallort füllen die Beamten einen standardisierten Unfallerhebungsbogen aus, in dem sie Angaben zu den Beteiligten, den Unfallfolgen, dem Unfalltyp sowie zu den Unfallursachen festhalten. 2015 waren acht Prozent der auf diese Weise festgehaltenen Unfallursachen so genannte „allgemeine Unfallursachen“.

Unfallmeldebogen

Hierzu gehören besondere Straßenverhältnisse, die als unfallursächlich eingeschätzt wurden, wie z.B. Glätte durch Regen Schnee oder Eis, aber auch Sichtbehinderungen durch Regen, Nebel, Schnee sowie Unwetter und Seitenwind. Die folgenden Tabellen geben Auskunft zur Anzahl und zu den Folgen dieser wetterbedingten Verkehrsunfälle.

Tabelle 1: Straßenverkehrsunfälle nach Ortslage


Straßenzustand
Unfälle mit Personen­schaden Getötete Schwer­verletzte Leicht­verletzte Schwer­wiegende Unfälle mit Sach­schaden
Trocken 227.186 2.555 50.835 240.583 43.789
Nass, feucht, schlüpfrig
(Öl, Laub usw.)
72.184 846 15.378 78.480 21.409
Winterglatt 6.289 58 1.493 6.663 3.578
Quelle: Destatis Bezugsjahr: 2015

Demnach ereignen sich insgesamt mehr Unfälle auf trockener als auf glatter Fahrbahn. Dies verwundert nicht, da über das Jahr die trockene Fahrbahn den Normalzustand darstellt und nasse bzw. glatte Fahrbahnen deutlich seltener anzutreffen sind. Im Winter liegt der Anteil der witterungsbedingten Unfälle mit 20 Prozent deutlich höher als im Sommer, wenn deren Anteil unter fünf Prozent beträgt.

Tabelle 2: Sichtbehinderungen als Unfallursache


Sichtbehinderung durch
Unfälle mit Personen­schaden Getötete Schwer­verletzte Leicht­verletzte Schwer­wiegende Unfälle mit Sach­schaden
Nebel 456 11 182 512 205
Starker Regen, Hagel, Schneegestöber usw. 496 12 163 518 203
Blendende Sonne 3.116 35 766 3.385 506
Quelle: Destatis Bezugsjahr: 2015

Betrachtet man diese Darstellung, fällt der hohe Anteil der Unfälle auf, die durch blendendes Gegenlicht verursacht wurden. Offenbar ist Blendung ein häufig anzutreffendes Phänomen mit der Folge, dass andere Auto und Motorrad Fahrende, aber auch Rad Fahrende und zu Fuß Gehende übersehen werden und es hierdurch zu Kollisionen kommt. Bei regionalen Studien wurde festgestellt, dass die Unfallhäufigkeit um fünf Prozent zunimmt, wenn die Sonne niedrig, d.h. in einem Winkel unter 30 Grad, am Horizont steht.

Tabelle 3: Straßenverhältnisse als Unfallursache


Straßenverhältnisse
Unfälle mit Personen­schaden Getötete Schwer­verletzte Leicht­verletzte Schwer­wiegende Unfälle mit Sach­schaden
Schnee, Eis 4.947 52 1.294 5.324 2.884
Regen 6.362 82 1.614 6.655 2.926
Spurrillen in Zusammen­hang mit Regen, Schnee oder Eis 91 2 21 106 50
Quelle: Destatis Bezugsjahr: 2015

Regennasse Fahrbahn ist hier die häufigste Unfallursache, obwohl Schnee und Eis die Griffigkeit der Fahrbahn stärker beeinträchtigen als Nässe. Regennasse Fahrbahnen treten jedoch über das Jahr häufiger auf als Schnee und Eis. Möglicherweise passen auch viele Fahrerinnen und Fahrer im Winter ihre Fahrweise stark an oder verzichten auf die eine oder andere Fahrt.

Tabelle 4: Weitere Witterungseinflüsse


Unfallursache
Unfälle mit Personen­schaden Getötete Schwer­verletzte Leicht­verletzte Schwer­wiegende Unfälle mit Sach­schaden
Seitenwind 407 9 143 365 57
Unwetter oder sonstige Witterungs­einflüsse 331 8 79 352 89
Quelle: Destatis Bezugsjahr: 2015

Zusammengenommen sind dies über 200 Getötete und 20.000 Verletzte, die unmittelbar auf Witterungseinflüsse zurückgeführt werden können. Allerdings muss dabei berücksichtigt werden, dass in diesen Zahlen unter Umständen Doppelnennungen enthalten sein können, da auf dem Unfallerhebungsbogen mehrere Unfallursachen angekreuzt werden können.

Tabelle 5: Verunglückte nach Monaten

Tabelle 5: Verunglückte nach Monaten
Quelle: destatis Bezugsjahr: 2015

Betrachtet man die jahreszeitliche Verteilung der Verkehrsunfälle, so waren die meisten Verunglückten im Juni und Juli zu verzeichnen. Die Monate mit den niedrigsten Verunglücktenzahlen waren hingegen Januar und Februar. Die Monate mit den widrigsten Wetterbedingungen treten also durch weniger Verunglückte hervor. Dieser auf den ersten Blick merkwürdige Umstand wird aber begreifbar, wenn man berücksichtigt, dass in wärmeren Monaten mehr Menschen auf motorisierten Zweirädern und Fahrrädern unterwegs sind und vermutlich auch mehr und häufiger schnell gefahren wird. Für zu Fuß gehende Personen nimmt hingegen die Gefahr zu verunglücken in den dunklen Monaten November, Dezember und Januar erheblich zu (s. Tabelle 6).

Tabelle 6: Verunglückte Fußgänger nach Monaten

Tabelle 6: Verunglückte Fußgänger nach Monaten
Quelle: destatis Bezugsjahr: 2015

Biotrope Einflüsse des Wetters

Neben den direkten (trivialen) Einflüssen des Wetters gibt es jedoch auch die so genannten biotropen Einflüsse, die das Unfallgeschehen beeinflussen. Gemeint sind hiermit die Auswirkungen des Wetters auf den Organismus des Menschen, auf seine Leistungsfähigkeit, Konzentration und seinen psychische Verfassung (vgl. „Witterung als Unfallursache“). Dies wurde in einzelnen Studien näher untersucht. Eine Untersuchung im Auftrag der Bundesanstalt für Straßenwesen kam zu dem Ergebnis, dass die Wärmebelastung einen sehr hohen Einfluss auf das Unfallgeschehen hat. Eine hohe Wärmebelastung kann die Zahl der Unfälle um 20 Prozent erhöhen. Der Einfluss der Wärmebelastung erwies sich innerorts als höher im Vergleich zu außerorts. Innerhalb von Ortschaften war die Wärmebelastung neben dem Abtrocknungszustand der Straße sogar der bedeutendste unfallerhöhende Faktor. Dass dies auch durch die zunehmende Verbreitung von Klimaanlagen in Fahrzeugen nicht wesentlich beeinflusst wird, belegen neuere Studien des Meteorologischen Instituts der Freien Universität Berlin: Hier konnte für Nordrhein-Westfalen über den Zeitraum von zehn Jahren hinweg ermittelt werden, dass die Zahl der Verkehrsunfälle mit Personenschaden und schwerwiegendem Sachschaden um 11 Prozent zunimmt, wenn die Außentemperatur über 25 Grad Celsius liegt. Die Außentemperatur erwies sich dabei als stärkster der untersuchten Witterungsfaktoren.

Literatur:
Statistisches Bundesamt (DESTATIS): Verkehrsunfälle. Fachserie 8, Reihe 7, Wiesbaden 2016

Gerhard Arminger, Thorsten Bonne: Einfluss der Witterung auf das Unfallgeschehen im Straßenverkehr, in: Automobiltechnische Zeitschrift (ATZ) 101 (1999)

Nico Becker, Tobias Pardowitz, Uwe Ulbrich: Einfluss des Wetters auf Verkehrsunfallzahlen in Deutschland, Institut für Meteorologie, Freie Universität Berlin, 27.4.2017 (unveröff. Manuskript)

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